<- Kabbala Bibliothek
Weiterlesen ->

Genesis, 18:1-22:24

WaJera (Und der Ewige erschien)
Glossar der im Wochenabschnitt WaJera verwendeten Begriffe

Zusammenfassung des Wochenabschnitts

Der Wochenabschnitt WaJera („Und der Ewige erschien“) erzählt von drei Engeln. Sie teilen ihm mit, dass Sara, seine Frau, einen Sohn gebären wird. Sara lacht, weil sie sich zu alt dafür hält. Doch die Verheißung erfüllt sich. Sie bringt einen Sohn zur Welt und nennt ihn Yizchak, Isaak, was „Lachen“ bedeutet.

Die Engel ziehen weiter, um Sodom und Gomorra zu vernichten, Städte, in denen großes Unrecht herrscht. Lot und seine Familie dürfen fliehen. Doch seine Frau missachtet den Befehl, sich nicht umzusehen, und erstarrt zu einer Salzsäule. Lot und seine beiden Töchter retten sich in eine Höhle. In dem Glauben, die einzigen Überlebenden zu sein, bringen die Töchter ihren Vater dazu, Kinder mit ihnen zu zeugen.

Später bittet Sara Abraham, Hagar und Ismael fortzuschicken, was Abraham schließlich tut. Anschließend fordert der Schöpfer Abraham auf, seinen Sohn Isaak zu opfern. Im letzten Augenblick hält ein Engel ihn zurück, und Abraham opfert stattdessen einen Widder, der sich im Gestrüpp verfangen hatte.


Kommentar von Dr. Michael Laitman

In der „Einführung in das Buch Sohar“, einer der grundlegenden Schriften von Baal HaSulam, wird die Wahrnehmung der Wirklichkeit auf besondere Weise erklärt. Dort heißt es, dass wir unsere Welt nicht so sehen, wie sie an sich ist, sondern so, wie sie in uns erscheint. Wir empfinden, was in unseren Sinnen entsteht – Eindrücke, die sich uns als feste, flüssige oder gasförmige Formen zeigen.

Der Sohar und die Weisheit der Kabbala beschreiben die Wirklichkeit als Reaktion auf eine Kraft außerhalb von uns. Diese Kraft selbst bleibt uns unbekannt. Unsere Sinne verwandeln ihren Einfluss in das, was wir als Farben, Formen und Stoffe wahrnehmen. Wenn wir jedoch eine höhere Wirklichkeit erkennen wollen, müssen wir in uns neue Sinne entwickeln und zu einer Wahrnehmung aufsteigen, die über das hinausgehen, was wir heute mit Augen, Ohren und Händen erfassen. Dadurch können wir eine höhere Welt erfahren.

Das Buch Sohar spricht in der „Sprache der Zweige“. Es benutzt Begriffe aus unserer Welt, um auf höhere Zustände hinzuweisen. So ist von Engeln, einer Salzsäule oder der Zerstörung Sodoms die Rede. Auf der einfachen Ebene klingen diese Worte wie Beschreibungen äußerer Geschehnisse, denn „die Schrift spricht in der einfachen Bedeutung“ (Massechet Jewamot 24a). Doch in Wahrheit deuten sie auf innere Vorgänge hin – auf Bewegungen und Beziehungen in der Seele des Menschen.

Die Geschichten der Tora sind keine historischen Berichte, sondern Schilderungen innerer Zustände. Sie zeigen, wie sich in uns egoistische und gebende Kräfte begegnen, wie sie miteinander kämpfen. Wer diesen inneren Weg beschreitet, lernt, seine Verlangen, Eigenschaften und Kräfte zu prüfen und aus ihnen eine neue, wahrhaftige Wahrnehmung der Wirklichkeit zu formen. Diese neue Wahrnehmung nennen wir den Abschnitt WaJera.

Jeder Wochenabschnitt der Tora führt uns auf eine höhere Stufe. Schritt für Schritt gehen wir dem Zustand entgegen, den die Schrift „das Land Israel“ nennt. Es ist ein innerer Zustand, in dem alle Verlangen auf das Geben gerichtet sind. In dieser Verbindung, genannt Dwekut – Anhaftung –, beginnt die eigentliche Arbeit des Menschen.

Die Tora selbst enthält das Licht, das korrigiert. Es führt uns vom Emfang der Tora bis zum Eintritt in das Land Israel, das heißt zu einem Zustand, in dem wir unsere gesamte Natur richtig einsetzen können. Das Wort Erez (Land) stammt von Razon (Verlangen), und Israel bedeutet Jashar El, „direkt zum Schöpfer“.

Die drei Engel, die Abraham besuchen, stehen für drei Kräfte in uns: die rechte, die linke und die mittlere Linie. Durch sie kommen wir voran. Die rechte Linie, Abraham, steht für Chessed, Barmherzigkeit. Mit ihr verbunden sind die Klipot der Rechten, Hagar und Ismael sowie die Klipot der Linken (Isaak und Esau). Die linke Linie, Isaak, steht für Gwura, die Strenge. Und die mittlere Linie, Jakob, entsteht am Ende der Korrektur. Den Engeln entsprechen die Kräfte Michael auf der rechten und Gabriel auf der linken Seite.

 

Wir müssen die Tiefe unserer Verlangen prüfen, um zu erkennen, mit welchen von ihnen wir wirklich arbeiten können. Denn nicht jedes Verlangen lässt sich bereits mit der Absicht des Gebens nutzen. Zwar ist jede Mizwa (Gebot) letztlich auf das große Prinzip „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ ausgerichtet, doch muss jedes einzelne Verlangen geprüft werden: Dient es uns tatsächlich dazu, Liebe zu anderen zu entwickeln?

Im Menschen wirken ständig zwei entgegengesetzte Kräfte – Geben und Empfangen. Unsere Aufgabe besteht darin, sie ins Gleichgewicht zu bringen. Wir müssen prüfen, welche Wünsche wir nutzen können, um anderen Gutes zu tun, und welche wir noch nicht in dieser Absicht verwenden dürfen. Jede Mizwa, jedes Gebot, dient letztlich dem Ziel: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Doch wir müssen sorgfältig prüfen, ob jedes einzelne Verlangen bereits dieser Liebe dienen kann. Wenn nicht, legen wir es vorerst beiseite, bis wir reif genug sind, es richtig zu gebrauchen.

Wenn wir feststellen, dass dies noch nicht möglich ist, legen wir dieses Verlangen zunächst beiseite. Wir greifen erst dann wieder darauf zurück, wenn wir eine höhere Stufe erreicht haben, auf der wir es zum Wohl anderer nutzen können.

Darum musste Abraham trennen; das eine nach rechts, das andere nach links, wie einst im Streit zwischen den Hirten von Lots Vieh und den Hirten seines eigenen. Damals war klar zu erkennen, wer zur rechten Seite gehörte und wer zur linken. Im Zustand von Sodom jedoch vermischen sich diese Kräfte erneut, sodass eine erneute, sorgfältige Prüfung erforderlich wird.

Einerseits muss Lot aus diesem Zustand herausgeführt werden. Andererseits muss das „weibliche“ Verlangen in ihm entfernt werden. In dieser Sprache steht das Männliche für die Kraft des Gebens, das Weibliche für die Kraft des Empfangens. Die Prüfung zeigt jedoch, dass sich mit Lots Verlangen zu diesem Zeitpunkt nicht arbeiten lässt und so wird seine Frau zu einer Salzsäule. Salz verleiht Speisen Geschmack, denn ohne Salz wäre alles fade. Doch wir nutzen es nur, weil es unbewegt ist. Wasser besitzt einen Zwischenzustand – halb lebendig, halb leblos –, während Salz als reines Mineral völlig unbewegt ist und aus der Erde stammt: weder pflanzlich noch tierisch. So steigt der Mensch Stufe um Stufe auf, jede durch erneute Klärung und Prüfung.

Beim Binden von Isaak lernen wir, die linke Linie zu fesseln, damit ihre Kraft nicht ungezügelt hervorbricht. Abraham, die Kraft der rechten Linie, hält die linke zurück und bindet sie, um ihren maßlosen Einsatz zu verhindern. Er tut dies, indem er den tierischen Anteil in sich abtrennt und nur den sprechenden, menschlichen Anteil bestehen lässt. Was von der tierischen Natur übrig bleibt, kann als Opfer dargebracht und erhoben werden.

Eine weitere Form der Prüfung besteht darin, jenen Teil der rechten Linie auszusondern, der sich nicht mit der linken verbinden kann. Dies zeigt sich in der Vertreibung Hagars und Ismaels. Durch ernsthafte innere Arbeit prüfen wir, mit welchen Kräften der Seele wir wirklich voranschreiten können. Und so steigen wir Schritt für Schritt, Stufe um Stufe, auf unserem Weg empor.

Mit Blick auf unsere Zeit erinnert der Zustand von Sodom und Gomorra an die heutige Haltung in Amerika: „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein.“ Man beruft sich auf Demokratie und individuelle Freiheit – jeder lebt für sich. Doch dabei fehlt eindeutig die Haltung: „Ich bin für dich, und du bist für mich.“ Eine innere Verpflichtung, einander zu helfen oder sich miteinander zu verbinden, ist kaum vorhanden. So entsteht erneut jener Zustand, wie er einst in Sodom und Gomorra herrschte.

Von Anfang an wird uns jedoch gesagt: Wenn wir auf dem Weg der Korrektur der Seele vorankommen wollen, müssen wir unsere Einstellung zueinander wandeln. Unsere Beziehungen sollen auf Verbindung ausgerichtet sein. „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein“ ist das Gesetz von Sodom. Auch wenn es auf den ersten Blick anständig erscheint, denn „niemand mischt sich in die Angelegenheiten des anderen ein“, widerspricht dieses Prinzip doch dem Ziel der Schöpfung: nämlich „wie ein Mensch mit einem Herzen“ zu werden (RASHI zu Exodus 19b), vereint zu einem einzigen System.

Darum zeigt uns die Natur heute ein integrales, dicht vernetztes System, in dem wir unweigerlich miteinander verbunden sind. Es ist der sodomitischen Regel entgegengesetzt.

Der Wochenabschnitt WaJera zeigt uns, dass selbst aus der Eigenschaft von Sodom eine Läuterung hervorgehen kann – auch wenn sich uns dabei Lots Frau, seine beiden Töchter und Lot selbst in den Weg stellen. Entscheidend ist dabei nicht, dass auch sie später, etwa in der Episode in der Höhle, noch weiter korrigiert werden müssen. Wichtig ist vor allem, dass wir gleich zu Beginn unserer inneren Arbeit jene Haltung ablegen: „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein.“

Heute befindet sich die Welt in genau derselben Lage. Darum müssen wir die bisherigen Beziehungen zwischen uns – gegründet auf Geld, Eigennutz und ein berechnendes Geben und Nehmen – hinter uns lassen. An ihre Stelle sollte ein neues System treten, das dem integralen, weltumspannenden Gefüge entspricht, das sich nun überall offenbart: ein System gegenseitiger Abhängigkeit. Diese Verbundenheit gleicht der einer Familie, in der nicht das Geld im Vordergrund steht, sondern das Gefühl – Nähe, Fürsorge und Zusammenhalt – bis wir wie „ein Mensch mit einem Herzen“ werden .

Heute ist die sodomitische Regel „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein“ zum Sinnbild des Scheiterns sowohl des Kommunismus als auch des Kapitalismus geworden. Wir leben weder nach dem Motto „Gib, was du kannst, und nimm, was du brauchst“, wie es die Kommunisten verkündeten, noch in einem System echter gegenseitiger Verantwortung. Vielmehr stehen wir in einem Prozess: Wir müssen Sodom verlassen, ohne es zu vernichten. Wir müssen es verwandeln und aus seinen Erfahrungen etwas Neues bauen, denn alles in der Schöpfung hat seinen Sinn.

Selbst das, was uns als das Schlimmste erscheint, kann zum Guten werden. Es kommt nur darauf an, wie wir es nutzen. So gibt die giftige Schlange ihren tödlichen Stoff, damit daraus heilende Arzneien entstehen. Nicht zufällig wurde sie zum Sinnbild der Heilkunst.

Im Buch Sohar heißt es, dass, wenn eine Hirschkuh gebären will, die Schlange kommt und sie beißt. Und erst dann bringt sie ihr Junges zur Welt. So ist es unmöglich, etwas Neues zu gebären, sei es eine neue Stufe oder eine neue Seele, ohne den Biss der Schlange.

Heute leben wir in einer besonderen Zeit, an einem Wendepunkt, einer Umkehr, die wir durchschreiten müssen. Sie gleicht der Drehung bei einer Geburt, wenn sich der Kopf des Kindes nach unten wendet, um in die Welt zu treten. So treten auch wir aus einer Welt in die nächste über. Diese Umkehr symbolisiert unsere veränderte Haltung zur Welt und zueinander. Alles kehrt sich um.

So ist es auch mit der Umkehr von Sodom und Gomorra, die in unseren Beziehungen stattfinden muss, eine Wende weg von der Haltung: „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein.“ Wenn wir diesen Wandel erkennen und verstehen, werden wir ihn sanft und bewusst durchlaufen. Verweigern wir uns jedoch, so begegnet er uns als Leid, als Wirken der Kräfte der Natur, die uns dennoch unaufhaltsam zur Verbindung führen.

In unserer Zeit fordert uns die Tora auf, nach dem Grundsatz zu leben: „Was dir selbst verhasst ist, das tue auch deinem Nächsten nicht an“ (Massechet Schabbat 31a). Wir müssen uns dieser Haltung klar bewusst sein und sie nicht mit der sodomitischen Regel „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein“ verwechseln.

„Was dir selbst verhasst ist, das tue auch deinem Nächsten nicht an“ bedeutet nicht nur, anderen keinen Schaden zuzufügen. Es heißt vielmehr, sich ihnen gegenüber so zu verhalten, dass man ihnen gar nicht schaden kann, trotz des eigenen Egos und des Willens zu empfangen. Diese Haltung nennt man den Wunsch nach Barmherzigkeit. Doch sie ist noch keine Haltung der Liebe. Sie entspricht dem, was der Weise Hillel dem Fremden sagte, der sich der Wahrheit nähern wollte: Dies ist nur der erste Schritt, das, was man „auf einem Bein“ nennen kann. In der nächsten Stufe jedoch, wie Rabbi Akiva lehrt, gilt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Jerusalemer Talmud, Nedarim, Kap. 9, 30b). Dies sind die beiden Stufen, und wir müssen nun zumindest die erste verwirklichen.

So wird deutlich, dass die Welt heute gezwungen ist, den Weg der Korrektur zu beschreiten. Sie erlebt das Zerbrechen, die Krise und die Verwirrung. Und gerade dadurch kündigen sich die Tage des Messias an, in denen vor unseren Augen eine neue Welt geboren wird.


Fragen und Antworten

Der Zustand von Sodom und Gomorra, geprägt von der Haltung „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein“, scheint auf den ersten Blick besser gewesen zu sein als unsere heutige Situation. Immerhin bestahlen sich die Menschen in Sodom nicht gegenseitig. Sind wir also wirklich in einem noch schlechteren Zustand als die Sodomiter?

Ja, unsere Lage ist weit schlimmer als die von Sodom und Gomorra. Die Haltung „Was mein ist, ist mein; was dein ist, ist dein“ bedeutet in Wahrheit: „Misch dich nicht in das Leben anderer ein.“ Sie stellt die Privatsphäre und die Freiheit des Einzelnen über alles. Doch gerade diese Denkweise hat unsere heutige, schwierige Situation hervorgebracht. Deshalb müssen wir sie überwinden und einen neuen Weg gehen. Der Fortschritt hin zu einer neuen Welt ist unausweichlich. Er wird von der Natur selbst gefordert.

Müssen wir die anderen fühlen, um in die neue Welt voranzukommen?

Ja, genau deshalb durchliefen wir die Stufe der Wüste. Die vierzig Jahre dort waren eine Zeit des Lernens, uns über das eigene Ego zu erheben und einander mit Respekt zu begegnen. Alle Sünden, die die Kinder Israels in der Wüste begingen, spiegelten diesen inneren Prozess wider und jede von ihnen brachte ihre eigene Korrektur mit sich, immer wieder und ohne Unterlass.

In diesem Prozess begann alles mit der Offenlegung jener tiefen, verdorbenen Wünsche, über die sich die Kinder Israels erhoben, nach dem Grundsatz: „Was dir selbst verhasst ist, das tue auch deinem Nächsten nicht an.“ So müssen auch wir den Menschen in unserer Welt begegnen. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, denn sie verlangt, dass wir uns über unsere Verlangen und über unsere eigene Natur erheben.

Warum befahl der Schöpfer Abraham, seinen Sohn zu opfern?

Das „Opfern“ bedeutet, die eigene Haltung zum Leben aufzugeben, jene innere Einstellung, die darauf ausgerichtet ist, die Welt zu genießen. Genießen heißt in diesem Zusammenhang, sich die Welt zunutze zu machen und sie für die eigenen Zwecke auszubeuten.

Ist damit der Genuss auf Kosten anderer gemeint?

Wir vergleichen uns unaufhörlich mit anderen. Gerade diese Haltung müssen wir in uns überwinden, um daraus eine völlig neue Beziehung zu unseren Mitmenschen entstehen zu lassen.

Aus dem Sohar: Und Gott prüfte Abraham

Es muss sicherlich Abraham heißen, denn er musste in das Urteil einbezogen werden, weil es zuvor in Abraham kein Din (Urteil) gab und er ganz Chessed war. Aber nun vermischte sich Wasser mit Feuer, Chessed mit Din. Bis dahin war Abraham unvollständig, und er wurde gekrönt, um zu verurteilen und Din an seinem Platz zu korrigieren, da es das Leuchten von Chochma nur in der Linken Linie gibt.

Daher war Abraham unvollkommen, bevor er in Isaak, die Linke Linie, eingeschlossen wurde, was bedeutet, dass ihm das Leuchten von Chochma fehlte. Und durch die Bindung wurde Isaak vermischt und so mit dem Leuchten von Chochma gekrönt und vollkommen. Es heißt, dass er gekrönt wurde, um in der Bindung ein Urteil zu fällen, wodurch das Urteil korrigiert wurde, was bedeutet, dass das Leuchten der Linken an seiner Stelle war, als er in Abrahams Platz, in Chessed, eingeschlossen wurde.

Sohar für Alle, WaJera (Und der Ewige erschien), Punkt 490

Es scheint, als liege hier ein Widerspruch zwischen der Perspektive der Schöpfung und der des Schöpfers. Einerseits muss der Schöpfer etwas außerhalb seiner selbst erschaffen – ein Niwra (Geschöpf), abgeleitet vom Wort Bar, das „außerhalb“ bedeutet. Andererseits muss der Schöpfer, um dem Geschöpf Gutes zu tun, es auf eine Stufe erheben, auf der es dem Schöpfer vollkommen gleicht. Wie also können diese Gegensätze in einem Menschen vereint werden, der dem Schöpfer ähnlich, aber nicht mit ihm gleich ist?.

Damit dies geschehen kann, müssen im Menschen all jene Verlangen entstehen, deren Natur der des Schöpfers entgegengesetzt ist. Die 613 Verlangen des Menschen werden durch die 613 Lichter der Tora geformt, die auch die „613 Wege der Tora“ genannt werden. Wenn wir beginnen, mit diesen Verlangen zu arbeiten und in ihnen zu empfangen, um dem Schöpfer zu geben, beginnen wir uns zu korrigieren, und gelangen zum Empfangen um des Gebens willen. Das ist das wahre Geben.

Deshalb müssen wir tiefgehende Korrekturen durchlaufen, sobald wir uns über jene Verlangen erheben, deren Nutzung wir zuvor gemieden haben. Dies ist der Beginn von Abrahams Korrektur in seiner Beziehung zu Isaak. Die Klärung geschieht durch die mittlere Linie: Wir erkennen, was wir von ihr empfangen können und was nicht. Mit jedem Schritt auf der Leiter der Stufen prüfen wir aufs Neue, wie wir unser Verlangen zu empfangen in den Dienst des Gebens stellen können.

Es ist uns bewusst, dass wir in uns Verlangen tragen, die „Lots Frau“ genannt werden und die wir vorerst ruhen lassen müssen. Salz verdirbt nicht; es kann auch nach langer Zeit wieder verwendet werden. So ist es auch mit all den Unterscheidungen in uns, mit all unseren Verlangen. Sie bleiben bestehen, bis die Zeit gekommen ist, sie auf rechte Weise zu nutzen.

Auf diesem Weg schließen wir einen Bund, der „Beschneidung, Enthüllung und Tropfen Blut“[1] genannt wird. Damit ist gemeint, dass wir die größten Verlangen in der Seele, die sogenannte Vorhaut, noch nicht nutzen. Wir bewahren sie bis zum Ende der Korrektur, wenn wir die Kraft erlangt haben, sie richtig einzusetzen und dadurch anderen Gutes zu tun. Würden wir sie jetzt verwenden, würden wir nur Schaden anrichten. Deshalb vollziehen wir zunächst die Zwischenkorrekturen, die „Lots Frau“ genannt werden.

Die Frau steht für das Verlangen zu empfangen, für das Ego, das sich allmählich auf das Geben auszurichten beginnt. Dieses Verlangen kann sich mit dem Verlangen zu geben verbinden, der „Lot und seine Frau“ genannt wird. Lot verkörpert den Wunsch zu geben. Doch das Verlangen zu empfangen kann noch nicht gemeinsam mit dem Verlangen zu geben wirken. Deshalb muss der Mensch das Verlangen zu empfangen vorübergehend zur Ruhe bringen, während sich das Verlangen zu geben darüber erhebt, bis zur nächsten Stufe, auf der das Verlangen zu empfangen erneut erwacht.


[1] Eine ausführlichere Erklärung dazu findet sich bei Baal HaSulam im Beit Shaar HaKawanot.