Die Wahl einer guten Umgebung
"Wenn wir es im Ganzen betrachten, so ist uns in der Gesellschaft nur die Ausführung zweier Gebote auferlegt, die man als „Kabbala“ (Empfangen) und „Hashpaa“ (Geben) bestimmen kann. Das heißt: Jedes Mitglied der Gesellschaft wird von der Natur dazu verpflichtet, alles Notwendige von der Gesellschaft zu empfangen, verpflichtet sich aber auch, der Gesellschaft zu geben, indem es für ihr Wohl arbeitet. Und wenn es (das Mitglied) wenigstens eines dieser Gebote nicht ausführt, dann wird es gnadenlos bestraft."
Baal HaSulam, Der Frieden
Kabbalisten verfassen in ihren Schriften Gebrauchsanweisungen für die spirituelle Entwicklung, manchmal in einer schwer verständlichen Sprachen, da bestimme Konzepte noch unerlangt sind, und manchmal recht verständlich. Es geht aber immer entweder um das "Empfangen" oder um das "Geben".
Es gibt das "Gesetz der Gleichheit der Form" - ein Konzept, um den Eigenschaften des Schöpfers ähnlich oder gleichwertig zu werden. Kurz gesagt geht es um Selbshingabe oder Geben. Das Geschöpf ist das Gegenstück zum Schöpfer - der Eigenschaft des Gebens - und hat somit die Eigenschaft des Empfangens. Wenn wir einander gleichen, sind wir uns nahe, und umgelkehrt.
Es stellte sich die Frage: Kann die Umgebung dazu beitragen, die Distanz zu den Eigenschaften des Schöpfers zu verringern?
Genau das sehen wir in dem obigen Auszug von Baal HaSulam. Aber was bedeutet es, für etwas bestraft zu werden, das noch nicht bekannt oder verstanden ist. Sobald der Punkt im Herzen erwacht (der Wunsch, den Eigenschaften des Schöpfers zu gleichen bzw. das Geben zu erreichen) und wir erkennen, dass wir nur aus Empfangen bestehen, beginnt der Prozess der Veränderung. Denn zu erkennen, dass man ganz und gar aus dem Verlangen zu empfangen besteht, impliziert gelichzeitig die Erkenntnis, dass es noch eine andere Eigenschaft ausser dem Verlangen zu empfangen gibt. Das ist der "Vorteil des Lichts gegenüber der Dunkelheit".
Wie lernen wir also, was Geben ist?
Rabash schreibt: "Ein Mensch hat ein Verlangen nach Spiritualität in sich, das aus ihm selbst kommt. Mit anderen Worten: Selbst wenn er der einzige Mensch ist und es niemand um ihn herum gibt, der ihn beeinflussen oder von dem er ein Verlangen aufnehmen könnte, empfängt er ein Erwachen und sehnt sich danach, ein Diener des Schöpfers zu sein. Aber er muss sein eigenes Verlangen noch vergrößern, um richtig mit ihm zu arbeiten und das spirituelle Ziel erreichen zu können. Deshalb gibt es einen Weg - genau wie in der Körperlichkeit - dieses Verlangen durch andere Menschen zu verstärken, die ihn dazu anhalten, ihren Ansichten und ihrem Geist zu folgen."
Und er fährt fort, wie wichtig es ist, ein gutes Umfeld für das Studium zu wählen: "Dies geschieht, indem man sich mit Menschen verbindet, die ebenfalls ein Bedürfnis nach Spiritualität haben. Und die Sehnsucht, die diese Menschen um ihn herum haben, vergrößert die Sehnsucht in ihm, und so erhält er eine große Sehnsucht nach Spiritualität. Mit anderen Worten, zusätzlich zu dem Verlangen, das er von innen heraus hatte, empfängt er ein Verlangen nach Spiritualität von außen und dann erwirbt er ein großes Verlangen, mit dem er das Ziel erreichen kann."
Der Weg, um das Verlangen nach der Eigenschaft des Gebens zu verstärken, führt also über die Umgebung. Von anderen können wir das Verlangen, den Schöpfer zu entdecken, erwerben und wachsen lassen. Dadurch können wir unser kleines anfängliches Verlangen auf ein höheres Nivau erheben, um den Schöpfer in einem größeren Ausmaß zu enthüllen. Ein Schritt, der allein nicht möglich wäre.
Wir bekommen genug Verlangen, um den ersten Schritt zu tun. Aber um das Ziel zu erreichen und um auf dem Weg weiterzugehen, müssen wir dem Verlangen Treibstoff geben - und wir tun dies mit anderen. Sie suchen nach mir, und ich suche nach ihnen, und gemeinsam haben wir ein großes Verlangen, mit unserem einzigartigen Puzzle-Teil dem Ziel näher zu kommen.